Das „Paradox of Choice“-Phänomen ähnelt der Redewendung: „Weniger ist mehr“. Doch was versteckt sich hinter diesem Begriff und inwiefern lässt sich dieses in ein Projekt implementieren? Wie du deine Conversions mit diesem Phänomen vorantreibst, erfährst du hier.
Marketer kennen das Szenario: Immer wieder muss eine Geschäftsidee neu erfunden oder frische Geschäftszweige konzipiert werden. Dabei gibt es viele Methoden und Maßnahmen, die wir zukünftig auf bouncify.de vorstellen werden.
Momentan beschäftige ich mich auf der Arbeit ebenfalls mit einer Neukonzeption. Ziel ist es, eine vorhandene Produktauswahl neu zu verpacken und zu minimalisieren. Dem Kunden soll auf einen Blick klar sein, was er für welchen Preis bekommt.
Mit diesen Zielvorgaben bearbeiten wir zwei große W-Fragen, die wir in einem zukünftigen Artikel weiter beleuchten wollen (und zeitgleich AnswerThePublic.com vorstellen werden).
Meine Lösung für mein Vorhaben: Das „Paradox of Choice“-Phänomen.
Das „Paradox of Choice“-Prinzip hat seinen Ursprung in einer Feldstudie von Lyengar & Lepper aus dem Jahr 2000 und wird zugleich auch als Marmeladen-Paradoxon bezeichnet. (When Choice is Demotivating: Can One Desire Too Much of a Good Thing? )
Paradox of Choice – Feldstudie von Lyengar & Lepper
In einem Delikatessengeschäft in Kalifornien bauten sie zwei Probiertische mit Konfitüre auf. Auf einem Tisch befand sich eine vielfältige Produktauswahl (24 verschiedene Produkte), die großes Kundeninteresse bewirkte. 60 % der Kunden probierten eine der Sorten, allerdings kam es nur bei 2 % zum Kaufabschluss.
Am kleinen Tisch, der lediglich mit 6 Produkten bestückt wurde, war das Interesse geringer: Nur 40 % der Kunden schlenderten am Tisch vorbei und aßen von der Probe. Allerdings kauften am Ende 12 % der Kunden ein Glas Konfitüre von diesem Tisch.
Ein genauer Grund für dieses Verhalten ist nicht wirklich geklärt. Allerdings kann vermutet werden, dass eine zu große Auswahl den Kunden verunsichert. Auch sind ihm die Unterschiede zwischen den Produkten nicht klar und die große Produktauswahl überfordert ihn.
Ich erkenne dieses Verhalten immer wieder bei mir: Die Karte beim Italiener erschlägt einen. 48 Pizzen mit verschiedenen Geschmacksrichtungen und Toppings, da fällt die Entscheidung meistens schwer.
5 Möglichkeiten, dem Auswahl-Paradoxon zu weichen
Doch wie können wir dem Auswahl-Paradoxon entgehen oder zumindest mit diesem arbeiten? Im Folgenden stelle ich euch fünf Ansätze vor, die möglicherweise Abhilfe schaffen.
1. Paketpreise schnüren
Oft werden dem Kunden zusätzlich Produkte und Dienstleistungen angeboten. Das überfordert diesen und kann zum Abbruch des Kaufes führen, obwohl die Entscheidung eigentlich schon gefallen war. Die Lösung ist so simpel wie sie klingt: Paketpreise schnüren.
Warum bieten wir unser Produkt nicht unter einen Festpreis an, der alle Extras beinhaltet? Dem Kunden werden schwierige Entscheidungen genommen und der Kaufprozess vereinfacht.
2. Filterung
Durch Filteroptionen im Shop bekommt der Kunde durch wenige Klicks genau das Produkt angezeigt, welches er benötigt. Die technische Realisierung ist durch heutige Content Management Systeme leicht, der Kunde wird selber aktiv und wir müssen nicht zwingend kostbare Ressourcen in die Bewerbung des Produktes stecken.
Die meisten Shops nutzen solch eine Filteroption, allerdings sollte man dem Kunden eine angemessene Filterung (und somit weder zu wenig noch zu viele Möglichkeiten) anbieten.
3. Individuelle Beratung
Auch heutzutage funktioniert individuelle Beratung noch sehr gut. Der Live-Chat von Zalando Lounge ist ein sehr gutes Beispiel. Der Kunde wird in Echtzeit über die Themen Style, Größen, Reklamation etc. beraten. Diese Art Consulting erleichtert dem Kunden die Produktauswahl.
Eine individuelle Beratung kann ebenfalls sehr leicht per telefonischen Kundenservice eingebunden werden.
4. Online- und Offlineerlebnis verbinden
Vertreibt ein E-Commerce seine Produkte auch vor Ort (z.B. lokaler Einzelhandel), so kann der Kunde vom Online Shop in den lokalen Laden gelotst werden und hier individueller beraten werden. Zudem hat der Kunde die Möglichkeit, das Produkt vor Ort anzusehen und „anzufassen“.
Das Click-and-Collect Prinzip ist eine hervorragende Methode, den Kunden in einen Physical Store zu bringen.
5. Curated Shopping
Curated Shopping ist stark im Kommen und auch hier steht die individuelle Beratung im Vordergrund. Der Kunde klickt sich durch eine gut strukturierte Customer-Journey, beantwortet Fragen zu seinem Wunschprodukt und bekommt anschließend von einer Gruppe Beratern das für ihn individuell perfekt zugeschnittene Produkt empfohlen.
Modomoto ist einer der großen Player im Curated Shopping und bietet ein gutes Beispiel, wie schlicht und einfach dieses Prinzip umgesetzt werden kann.
Paradox of Choice – Fazit
Das Phänomen hilft Marketer beim Bewerben ihrer Produkte und setzt Faktoren, die man durchaus beachten sollte. Eine Reduzierung der Produktauswahl ist nicht zwingend notwendig oder empfehlenswert, sofern man die richtigen Methoden und Techniken anwendet.
In meinem spezifischen Fall arbeite ich mit meinem Kollegen an Paketpreisen, wodurch ich versuchen will, dem Kunden die meiste Arbeit abzunehmen. Er muss weder großartig recherchieren noch sich schweren Entscheidungen stellen. Er bekommt für einen Festpreis das individuell auf ihn zugeschnittene Produkt.
Falls möglich, werde ich sobald ich das Projekt abgeschlossen habe, eine Feldstudie mit euch teilen. Habt ihr Erfahrungen sowohl mit dem Phänomen wie auch den vorgestellten Methoden? Ich freue mich auf eure Kommentare.
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